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Berichte  -  Reisen

 

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Lundehøj und Udby Hede  -  in der Landschaft Thy
 
"As far as the eye can extend, a sea of barrows rise like bubbles on a pot of boiling water." (travelogue by H. Marryat during his visit to Thy, 1860 *¹)
Mit diesem etwas prosaischen Vergleich ist die damals noch vorhandene Fülle an Hügelgräbern gemeint, die einst dicht an dicht in der Landschaft von Thy aufragten. Mehr als 4.000 waren es ursprünglich. Ein Viertel davon ist erhalten - das ist für einen so überschaubaren Landesteil angesichts des sonst meist stillschweigenden Verschwindens eine beachtlich hohe Zahl. Sie ist der Aufmerksamkeit und dem respektvollen Blick auf die Vorgeschichte zu verdanken.
 
Die meisten der Hügelgräber, vor allem die großen, sind bronzezeitlich (ca. 3500 bis 2800 v. Chr.), sie enthalten eine innere Grabkammer und einen zu ihr hinführenden Gang aus großen Findlingen. Die Zwischenräume zwischen den Großsteinen wurden in der Art eines Trockenmauerwerks mit Hilfe von flachen Steinen gefüllt. Ein oder mehrere dafür geeignete große Blöcke wurden als Decksteine verwendet. Viele Schichten aus Heide- oder Grassoden bauten den Hügel auf. Um etwa 1000 v. Chr. endete die Zeit der monumentalen Hügel. Sie wurden aber oft noch genutzt, um in ihnen Urnen zu versenken.
       
  Einer der Grabhügel auf Thy, der einzeln liegende Lundehøj, ist begehbar.
Er liegt im östlichen Moränengebiet südlich von Thisted, frei, mit weitem Blick über den Limfjord. Die offene, unverstellte Lage in der Landschaft ist allen Hügelgräbern eigen. Und alle älteren Hügelgräber liegen auf dem hoch gelegenen Moränenland, weil das jetzt tief liegende Küstenland damals noch von der Littorina-See bedeckt war.
 
       
Eine sehr große Ansammlung von Hügelgräbern, in der Tat die größte erhalten gebliebene im dänischen Raum, befindet sich im Süden von Thy, nahe zum Skibsted Fjord, einem Arm des Limfjords. Auf Udby Hede sind 32 Hügel erhalten, in der nahen Umgebung gibt es weitere Gräberfelder, auch mit Dolmen und Langbetten -  insgesamt nahezu 80 Grabhügel. Einige wenige wurden geöffnet und untersucht. Auch hier stammen die großen Hügel des Gräberfeldes (bis fast 30 m lang) aus der Bronzezeit, kleine aus der vorangehenden Jungsteinzeit.
   
Das Udby-Gebiet ist geprägt von Moränenzügen, die zum Skibstedfjord führen. Zwischen ihnen liegen feuchte Senken. Auf den Hügeln wurden viele alte Fahrspuren (Hohlwege) gefunden, die hinunter zum Fjord führen. Wohnplätze sind  bislang allerdings nicht bekannt. Gleichwohl wird davon ausgegangen, dass das Gebiet damals besiedelt, zumindest aber von Bedeutung gewesen war.
 
Eine denkwürdige Rolle spielte das Gebiet um den Skibstedfjord am Ende der Wikingerzeit. In der Niederung zwischen Boddum und Udby Hede (sie war in der Jungsteinzeit und auch noch in der Bronzezeit ein Meeresarm und Boddum eine Insel gewesen) befinden sich die Reste einer Wallanlage (voldsted), eines befestigten Gehöftes, dem Anschein nach wikingerzeitlich. Vom geschützten Skibstedfjord aus konnten nämlich Schiffe leicht über die schmale, flache Landzunge von Draget gezogen werden und von Nissum Bredning aus ihre Fahrt über die Nordsee starten.

Auf einer Tafel am Ufer des Skibstedfjorden kann man lesen:
"Im Jahr 1085 ordnete König Knud an, dass sich die einberu-fene Flotte vor der entscheidenden Fahrt nach England hier treffen sollte. Die Unternehmung sollte der letzte, entschei-dende Angriff auf England sein, um Knuds zerfallendes Reich wiederherzustellen.
Wie befohlen kamen 1000 dänische und 60 norwegische Schiffe, doch die Ankunft des Königs wurde verhindert wegen Unruhen an der Südgrenze. Der Herbst kam und die versammelten Krieger drängten, nach Hause zu kommen und sich um ihre Ernte zu kümmern. Als der König endlich erschien, waren die meisten Schiffe bereits wieder heim-gefahren. Knud verhängte Geldstrafen wegen mangelnder Anwesenheit, was jedoch nicht populär war und zum Aufstand gegen ihn führte. Der Aufstand endete mit seiner anschließenden Ermordung in der Albani-Kirche in Odense im folgenden Jahr."
 
Noch etwas mehr zum Hintergrund dieser ungut endenden Geschichte:
Als Großneffe von Knut dem Großen, der bis 1035 über England, Dänemark und Norwegen geherrscht hatte, hatte Knut IV. die Krone von England als sein Recht angesehen und Wilhelm I. (den Eroberer) als Usurpator. Deshalb plante er 1085 gemeinsam mit seinem Schwieger-vater Robert I. Graf von Flandern und Olaf III. König von Norwegen eine Invasion in England und versammelte eine Flotte beim Limfjord (Skibstedfjorden), die jedoch wie oben beschrieben nie Segel setzte. Der großangelegte Angriff gegen England scheiterte an der unsicheren Lage im südlichen Dänemark, die Knud IV.  zwang, die Flotte zu verlassen und nach Schleswig zu fahren.

Allerdings sollte nicht vergessen werden:
Die Geschichte der (überwiegend dänischen) Wikinger in England war höchst leidensvoll für die Angelsachsen und Kelten  -  anfangs schonungslos räuberisch, später erobernd und siedelnd, Herrschaft etablierend, in der Schlussphase geprägt von dynastischen Machtansprüchen. Eine kämpferische Eroberungsgeschichte zwischen 793 und 1035 (Todesdatum Knuts des Großen).
Der unglücklich endende Versuch Knuts IV., die Wikingerzeit in England wieder aufleben zu lassen, erinnert uns daran, dass alles in der Geschichte der Menschheit "seine Zeit" hat.
 
Die kuppige, zerfurchte Landschaft von Udby Hede ist reizvoll. Die runden Kuppen der Hügelgräber tun das Ihre dazu. Von der Höhe lässt sich in alle Richtungen schauen...
...nach Westen über das Gräberfeld in Richtung Ydby ...nach Süden über Draget und Nissum Bredning bis Thyholm ...nach Osten über das Gräberfeld zum Skibstedfjorden
 
... und ergänzend sonnig schöne, aussagekräftige Aufnahmen (Dank an E. Figaj)
 
  Am Skibstedfjorden legen reiche "verlandete" (mit der Landhebung gehobene) Muschelbänke im Bodenhorizont Zeugnis ab des einst höher stehenden Littorinameeres.
  Herbst ist nicht die Jahreszeit, auf Blütensuche zu gehen. Aber Teufelsabbiss, Glockenheide und der recht verbreitete Stechginster zeigten noch vereinzelt Farbe...
   
  Die zum Skibstedfjorden führenden Hänge sind erosiv zerfurcht, aus der Zeit des hochstehen-den Littorina-Meeresspiegels und durch die Aktivitäten der hier lebenden Menschen.
Die Fülle der eingezeichneten Grabhügel (osm*) kann einen Eindruck geben über die Geschäftig-keit, die hier zu Zeiten geherrscht hat - denn das Errichten eines jeden Grabhügels war ein großes und arbeitsintensives Ereignis.
Ebenfalls wird Leben hier geherrscht haben während der Wikinger-Zeiten. Der Weg über Draget zur Nordsee war für alle am Limfjord lebenden Wikinger ein leichtes. Der Name des Fjord: "Skibsted" spricht für sich.
       
     
Literatur und Links:
*¹ Horace Marryat 1860: A Residence in Jutland, the Danish Isles and Copenhagen.
(osm*) https://www.openstreetmap.org/#map=16/56.69945/8.44844
 
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