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Landschaft  -  Geologische Fenster  -  Helgoland, Düne

 Helgoland | Liether Kalkgrube |  Kalkberg Segeberg | Morsum KliffLägerdorfer Kreidegruben

Ursprünglich gab es auch im Bereich der heutigen Düne hoch aufragende Felsen - am nordöstlichen Rand der damaligen Halb-insel (siehe historische Karte). Sie waren von nahezu gleicher Höhe wie der Buntsandstein der Hauptinsel, bestanden aber nicht aus rotem Sandstein, sondern aus hellem Muschelkalk und Kreide  -  das "Witte Kliff". Im 17. Jh. existierte auch noch eine  Land-brücke aus Geröll und Sand zwischen beiden Felsmassiven.
Durch Kalkabbau (intensiv schon seit dem 15. Jh.) und Erosion war das Witte Kliff im frühen 18. Jh. verschwunden. 1721 brach durch eine schwere Sturmflut auch die Landverbindung.
Seitdem schrumpfte der verbliebene Inselrest kontinuierlich. In den 1930er Jahren war von ihm nicht viel mehr übrig als eine lang gestreckte Sand- und Geröllbank (siehe Kartenskizze unten).
Im Kontext des militärischen Projektes "Hummerschere" wurde die Düne 1938 - 1941 durch Sandaufspülungen wieder vergrößert und durch Buhnen und Molen befestigt. 
 
      Bildquelle: Kartenwerk Johannes Mejer (wikipedia), 1649
 

Wegen der umfangreichen Sandüberdeckung ist anstehendes Gestein auf der Düne nicht mehr anzutreffen. Wohl aber werden lokale Muschelkalk- und Kreidegerölle durch die Wellen ans Ufer - vor allem an den Nordstrand - geworfen. Die Steine stammen sowohl aus dem einstigen Abbau als auch aus der natürlichen Abrasion.

     Farbvielfalt auf engem Raum:
     blaugrauer Unterer Muschelkalk, gelblicher Mittlerer Muschelkalk, weiße Kreide und roter Buntsandstein
     (letzterer von der Hauptinsel stammend)
 
 
Bilder vom Nordstrand: Blick zur Hauptinsel (1) und nach Nordosten (2), im Sand verstreut weiße Muschelkalk- und Kreidegerölle (3)
 
 
Helgoland ist eine wichtige Typlokalität der deutschen Unterkreide. Etliche kreidezeitliche Fossilien wurden erstmals aus Helgoländer Funden beschrieben.

Nachfolgend zunächst einige der häufigeren Gesteinsfunde am Nordstrand der Düne  -  aus einer privaten Sammlung:

  Während der Kreidezeit (vor 145 - 66 Mio. Jahren) kam es nicht nur zu den uns vertrauten Ablagerungen weicher, weißer Kreide. In den frühen Zeitabschnitten (Unterkreide) bestehen die Ablagerungen überwiegend aus Tonsteinen und Sandsteinen (hier Beispiel "Gault"-Geröll).
"Gault" (Gaultium) ist eine veraltete Bezeichnung für eine Zeiteinheit der höheren Unterkreide (heute: "Albium" und "Aptium").

Als "Blätterton" (Barrême) werden dunkle, dünnblättrige, teerpappenartige Schiefertonsteine beschrieben. Blätterton entstand unter anoxischen (sauerstofffreien) Bedingungen.
Oft ist eine Hell-Dunkelschichtung erkennbar.
Die dünnen hellen Lagen bestehen aus Coccolithen, die dickeren dunklen Lagen aus feinsandig-schluffig-tonigem Material.
  Ein lagiger grau-rötlicher Kalkstein
(Mittlerer Muschelkalk) weist rezente Bohrlöcher des Borringelwurms auf (Polydora ciliata). Solcherart durchlöcherte Kalksteine  sind häufig anzutreffen.

Der gelbgraue Mittlere Muschelkalk (hier mit undeutlichen Fossilresten) ist ein mergeliger Kalkstein, in den rötlich-braune Mergeltone eingemengt sein können.

"Töck" ist die regionale Dialektbezeichnung für den kreidezeitlichen Fischschiefer - ähnlich dem Blätterton ein bitumenhaltiges, feingeschichtetes Sedimentgestein, das einem sauerstoffarmen Ablagerungsmilieu entstammt.
Es sind oft große, plattige Strandgerölle, die sich gemäß der Schichtung gut aufspalten lassen und nicht selten Fischreste enthalten.

 
  Der Helgoländer "Wellenkalk" (im Bild vorne) des Unteren Muschelkalks ist ein marin (im Flachmeer des germanischen Beckens) abgelagerter hell- bis blaugrauer fester Kalkmergel. Er ist dünnschichtig und zeigt eine unruhig wellige Struktur, die auf fortdauernde Sedimentbewegung in einem einstigen Kalkschlammwatt schließen lässt.

Weichgerundete Kreidegerölle kennen wir auch aus dem Ostseeraum und von der südenglischen Kreideformation. Es sind sehr feinkörnige, poröse, aus Kalkschlamm und Kleinst-fossilien wie Coccolithen und Dinoflagellaten entstandene Gesteine der Oberen Kreidezeit.
  Die Krause Bohrmuschel (Zirfaea crispata) bohrt in weichem Kalkstein, auch in Torf oder Ton, seltener in Holz - und produziert dabei ansehnliche Löcher.

Faserkalk ist bekannt als faserig-kristalline Kluftfüllung in eozänen Tuffen. Dass er hier in der Kreide nachgewiesen wurde, ist eine Seltenheit.

Die kreidezeitlichen und die frühtertiären Feuersteine sind überwiegend schwarz gefärbt. Unter Verwitterung werden sie heller, durch Eisenoxyd können auch gelb-bräunliche Farbvarianten auftreten.
       
 
Im Museum auf Helgoland sind viele der lokalen Fossilien ausgestellt  -  ein paar Beispiele:
div. Fossilien aus der Oberkreide Ammoniten aus der Unterkreide Belemniten aus der Oberkreide
Rostren e. Belemniten Rumpfskelett eines Fisches, im Töck Knochen div. Meeres-Saurier Ammonit Simbirskites sp.
 
Links:
1.   https://www.museum-helgoland.de/home/themen/geologie-fossilien.html
2.   https://www.steinkern.de/fundorte/sonstige-bundeslaender/1110-fossilien-von-der-insel-helgoland.html
3.   http://mmtk.ginras.ru/pdf/Manuals&Classica/Stuehmer%20et%20alii,%201982_Fossilien%20Helgolands.%20Teil%201.%20Trias%20und%20Unter-Kreide.pdf
Literatur:
Hiltermann H. & Kemper E.: Vorkommen von Valangin, Hauterive und Barrême auf Helgoland. Ber. Naturhist. Gesell. Hannover 1969
Keupp H.: Die Blätterton-Fazies der nordwestdeutschen Unterkreide. Ber. Naturhist. Gesell. Hannover 1979
 
 
Der Strand im Osten der Düne unterscheidet sich sehr vom Sandstrand im Norden der Insel. Es ist ein langgezogener Geröllstrand, die "Aade". Er bildete sich strömungsbedingt als steinreiche Barre aus, seine mehr oder weniger kontinuierlichen Aufschüttungen trugen und tragen dazu bei, die Landfläche der Düne zu erhalten. Wie lange noch angesichts des steigenden Meeresspiegels, bleibt abzuwarten.

   Helgoland und die Düne um 1910.
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11139651
  Die Aade reichte ursprünglich als südöstlicher Zipfel der Düne weit ins Meer. Sie war eine flexible, wandernde Landzunge, die das Geschiebe-material aufnahm, das seit der postglazialen Überflutung des Gebietes freigespült und durch Wasserbewegung und Strömungsrichtung zur Aade verfrachtet wurde. Sie wanderte als Aufhäufung von Lockergestein (überwiegend eiszeitliche Geschiebe und Sand) auf dem Felssockel der Insel. Heute ist sie durch die Küstenschutzmaßnahmen rund um die Düne keine bewegliche Landzunge mehr. Sie ist als Uferform weitgehend „ruhiggestellt“, verändert allerdings weiterhin durchaus ihr Masseaufkommen und ihre Begehbarkeit.
     
Die Aade ist das, was in Schweden treffend als "klapperstrand" (Strand aus "klapperstenar") bezeichnet wird. Die stark gerundeten Gerölle werden vom Wellenschlag auf den Strand geworfen, um dann klappernd die mehr oder weniger steile Neigung wieder herab zu kollern  -  in dauernder Wiederholung. 
viele schöne Bilder auch unter auch: http://www.cuxhaven-neuwerk.de/duene-helgoland/html/helgoland_duene_geroellstrand_aade.html
die Aade, der "Klapperstrand"
Ein Auszug aus einer alten Beschreibung, 1903:
"... Der südöstliche, mehrere hundert Meter lange und nur wenige Meter breite, bei Flut größtenteils vom Wasser überspülte Teil der Düne stellt in seinem äußersten Ostende einen lediglich aus gerundeten, flachen Geschieben zusammengesetzten Strandwall dar. Sand fehlt in diesem Teil durchaus. Durch das Rauschen des Wassers hindurch vernimmt das Ohr ein fortwährendes Klappern der gegeneinander sich reibenden Steine. Ganz enorm herrschen die Flintsteine vor. Nicht in den eigentümlichen bizarren Gestalten, die alle denkbaren Formen annehmen und dem Laien versteinerte Hände, Füße, Vogelköpfe u. dergl. mehr vortäuschen, sondern fast ausnahmslos in Gestalt von Kugeln, Eiern, Linsen. Die Formen der Flintsteine beweisen recht augenfällig, wie außerordentlich stark die Flutwelle auf die Form eingewirkt hat, wie intensiv die Zerstörung selbst des härtesten Gesteinsmaterials hier gewesen ist..."
J. Petersen 1903: Untersuchungen über die krystallinen Geschiebe von Sylt, Amrum und Helgoland in: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Band 1; Band 1903
   
     
Unser Interesse an kristallinen Geröllen lässt uns an diesem besonderen Geröllstrand verweilen.
Das Geröllsortiment besteht zum allergrößten Teil aus kreidezeitlichem Flint, darunter sind auch die begehrten Varianten des roten Helgoländer Feuersteins.
Die Helgoländer Düne ist Typlokalität für den roten Helgoländer Feuerstein. Hier befindet sich das einzige bekannte Vorkommen. Es handelt sich dabei um einen durch Eisenoxyd im Inneren kräftig braunrot durchgefärbten Flint, der bereits in alter Zeit als Schmuckstein Verwendung fand. Er erinnert zwar an roten Jaspis, ist aber weniger durchscheinend. Das Besondere ist zweifellos seine Hülle aus schwarzem Flint und weißer opalisierter Kreide. Diese starken Farb- und Helligkeitskontraste beeindrucken.
 
   
       
Für weitere Infos und Bildbeispiele siehe: https://bude31.wixsite.com/bude31-helgoland
und: https://de.wikipedia.org/wiki/Helgol%C3%A4nder_Feuerstein
 
 
   
Zwischen den sehr vielen Flintgeröllen der Aade finden sich auch gerundete oder schön abgeplattete Kristalline Geschiebe. Sie stammen aus dem skandinavischen Raum und sind Überbleibsel der saaleeiszeitlichen Moränen in der heute überfluteten Region zwischen Schleswig-Holstein und Helgoland. Die nähere Betrachtung lässt manches "Leitgeschiebe" erkennen, d.h. die konkrete Herkunft kann aus dem Vergleich mit dem anstehenden Fels in Norwegen, Schweden oder Finnland bestimmt werden. Der Anteil harter Porphyre überwiegt, da sie der mechanischen Beanspruchung durch das Abrollen am Geröllstrand besser Widerstand leisten können als ein körniger Granit. Die hier abgebildeten Beispiele wurden auf Grund ihres charakteristischen, gut wiedererkennbaren Gefüges ausgewählt. Dazu gehören vor allem die Gesteine von den Åland-Inseln, Porphyre aus Dalarna, Småland-Hälleflinten und Rhombenporphyre aus dem Oslo-Gebiet.
 
Die kleinen Steine wurden vor dem Fotografieren genässt, um ihr Gefüge etwas deutlicher zu zeigen.   
Rödö-Porphyr
Åland-Quarzporphyr, 6,5 x 4,5 cm Ringquarzporphyr, 6,5 x 5 cm Åland-Quarzporphyr, 6 x 4,5 Åland-Quarzporphyr, 7 x 5 cm
baltischer Granitporphyr, 5 x 5 Åland-Porphyraplit, 6,5 x 3,5 cm Åland-Rapakivi, 5,5 x 3,5 cm porphyrischer Rapakivi, 4 x 4
Bottnischer Quarzporphyr, 7,5 x 4 Särna-Quarzporhyr, 6 x 6 roter Särna-Quarzporhyr, 8 x 5 Dalarne-Porphyr, 6,5 x 5,5
Dalarne-Feldspatporphyr, 4,5 x 4 Vasselbodarna-Porphyr, 5 x 4 Bredvad-Porphyr, 5 x 4 cm Dala-Feldspatporphyr, 5 x 4
dunkler Särna-Porphyr, 5,5 x 4,5  einsprenglingsreicher Porphyr  roter Dala-Porphyr, 6,5 x 4 Grönklitt-Porphyr, 6,5 x 5,5
Älvdalen-Porphyr Älvdalen-Porphyr
bunter Dala-Porphyrit, 8 x 5,5 feinkörn. Venjan-Porphyrit, 8 x 6 Älvdalen-Porphyr, 5,5 x 4,5 Älvdalen-Ignimbrit, 5,5 x 4
brauner Porphyr, 7,5 x 7 Ostsee-Quarzporphyr, 5,5 x 4,5 Ostsee-Quarzporphyr, 5,5 x 4,5 Ostsmåland-Porphyr, 8,5 x 5 cm
rötlicher Paskallavik-Porphyr
Quarzporphyr, 5 x 3,5 cm Emarp-Porphyr, 8 x 6 cm Blauquarzporphyr, 5,5 x 4,5 Småland-Porphyr, 8 x 6 cm
Småland-Hälleflint, 6,5 x 5 cm Småland-Hälleflint, 9 x 6 cm Småland-Hälleflint, 4,5 x 3 cm schlieriger Porphyr, 8,5 x 6,5 cm
grobkörniger Granodiorit
Hälleflint, 6,5 x 5 Småland-Granit, 6,5 x 4 cm Granit, 7 x 5 cm Småland-Granodiorit, 4,5 x 4
ostbaltischer Granit, 4,5 x 4,5 porphyrischer Granit, 6,5 x 4,5 Rhombenporphyr, 9 x 6 cm Rhombenporphyr, 7 x 5 cm
Tönsbergit
Rhombenporphyr, 10 x 8 cm Oslo-Syenitporphyr, 8 x 5,5 Tønsbergit, 4 x 3,5 cm Diabas, 6 x 4 cm
Granodiorit
feinkörniger Syenit, 7,5 x 6 quarzreicher Granit, 6 x 4 cm Leukogranit, 5,5 x 6 cm Granodiorit, 5 x 5 cm
       
Manche großkalibrigen Steine des Küstenschutzes laden zu Gefügestudien ein - hier ein kleinkörniger Granit mit einem schönen Pegmatit-Gang.
Es wurden allerdings (neben Tetrapoden) vorzugsweise glatte schwere Natur-steine (Basalt) oder Metallhüttenschlacken eingesetzt, z. B. Kupferschlacke (CUS) der Norddeutschen Affinerie HH. Obwohl ökologisch nicht unbedenklich, wird sie verwendet, weil sie eine hohe Gesteinsdichte (Gewicht) aufweist und äußerst verwitterungsresistent ist. Auf der Düne kann man sie in Buhnen eingesetzt finden.
 
       
       
So bekommt, wer um die Düne wandert, trotz der Kleinräumigkeit recht unterschiedliche Strandeindrücke:
Uferbefestigung und „Hafenmilieu“ auf der Westseite - Badefreuden am Sandstrand im Norden und im Süden - hier und dort nah am Wasser die Robbenkolonien... und im Osten der klingende, in den Brandungswellen rieselnde Geröllstrand.
       
Weitergehende Informationen zu den Kristallinen Geschieben / Leitgeschieben sind in der digitalen Referenzdatei http://www.skan-kristallin.de/
sowie auf dieser Website unter http://www.strand-und-steine.de/gesteine/gesteine.htm zu finden.
Ausführlich Informationen zum Helgoländer Feuerstein auch unter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Helgol%C3%A4nder_Feuerstein
 
       
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