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Mønsted-Kalkgrube in Jütland

 
Die im Germanischen Becken während des Perm zur Ablagerung gekommenen Salzgesteine wurden in der Folgezeit unter der zunehmenden Auflast jüngerer Ablagerungen zum Verursacher lokal immer noch andauernder tektonischer Vorgänge  -  das sind durch die sog. Salztektonik bewirkte Aufwölbungen der aufliegenden Gesteine. So entstand ein Salzgebirge im Untergrund, dessen Formen resp. noch anhaltende Bewegungen sich lokal tatsächlich bis in die gegenwärtige Oberflächenmorphologie auswirken.
In Norddeutschland und in der südlichen Nordsee treten die Salzstrukturen überwiegend in Form langgestreckter Salzmauern (Diapire) auf, im Dänischen Trog (nördlich des Ringköbing-Fyn-Rücken) durchweg in Form von Salzhorsten.


                            Graphik aus GEUS Rapport 2020/46, rot: Salzhorste
 
 
In der Umgebung des Limfjords gibt es eine Vielzahl von Salz-Aufwölbungen, mehr oder weniger ausgeprägt. Ihnen ist gemeinsam, dass durch sie eigentlich tief liegende Gesteine gehoben wurden, teilweise bis dicht unter die Erdoberfläche, und so beispielsweise dem Abbau zugänglich wurden. In erster Linie betrifft das im nördlichen Jütland einen Kalkstein aus dem frühen Tertiär (Danien).
 
Nachfolgend eine Übersetzung von kleinen Abschnitten der Beschreibung in "Geologisk set - det mellemste Jylland (Gunnar Larsen 2008). Lok. 62, Daugbjerg og Mønsted":
"... Der Salzhorst von Mønsted gehört zu der nordjütischen Salzhorst-Provinz, in der permzeitliche Salzablagerungen aus einer ursprünglich nahezu horizontalen Lagerung zu unterschiedlich ausgeprägten Salzstrukturen deformiert wurden. Die Salzprovinz enthält ein halbes Dutzend Salzhorste, in denen die Dachfläche des Salzes sehr hoch liegt; sie wurde aus einer Tiefe von 5 - 6 km bis wenige hundert Meter unter der Erdoberfläche gehoben. Darüber hinaus gibt es tiefer liegende Horste und noch tiefer liegende Salzkissen..."
   Zur Erklärung: Salzkissen sind im Unterschied zu Salzhorsten flache, tief liegende Aufwölbungen einer Salzstruktur,
   deren Deckschichten wenig deformiert wurden bzw. noch weitgehend erhalten sind. 

"... Der Mønsted-Salzhorst gehört zum hohen Typus. Eine Bohrung hat ergeben, dass der obere Abschluss des Salzes sich in etwa 300 m Tiefe befindet. Darüber liegt mit etwas mehr als 100 m der sog. cap rock bzw. Gipshut. Ein so beachtlicher Gipshut weist darauf hin, dass es sehr große Salzmengen sind, die im Laufe der Zeit von der Oberfläche des Salzhorstes her gelöst wurden..."
   Zur Erklärung: Der Gipshut (die Kappe) eines Salzstocks bildet sich, wenn das Salinar im Zuge seines 
   Aufstiegs oberflächennah in den Bereich des Grundwassers gerät. Das Wasser löst die leicht löslichen Bestandteile
   auf (v. a. Halit). Daraus resultieren festere Anhydrit- und Gipsgesteine.
"... Über dem Gipshut liegen ca. 100 m Schreibkreide. Das ist sehr wenig verglichen mit den mehr als 1500 m, die sonst für die Region gelten. Wann der Salzhorst entstand, ist noch ungewiss, aber das geringe Ausmaß der Kreide deutet darauf, dass der Horst bereits als Höhenstruktur im Kreidemeer existierte, während die Schreibkreide abgelagert wurde. Wahrscheinlich erfolgten Phasen der Salzauflösung und der Ausbildung des Gipshutes in dieser Zeit.
Über der Schreibkreide folgen tertiäre Ablagerungen  -  75 m Danien-Kalk und 25 m eozäne Ablagerungen. Eozänen Ablagerungen begegnen wir auch in einem offenen Profil im Moler von Fur (fette Tonablagerungen mit Aschelagen)..."
 
 
Die Kalkgrube
  Der im Salzhorst hoch liegende, gut erreichbare Danien-Kalk wurde seit dem Mittelalter abgebaut, in einem stetig wachsenden Netz verzweigter, unterirdischer Gänge. Diese Gänge waren anfangs niedrig und eng, sie führten horizontal vom Eingang in den Berg.
Im Zuge des jahrhundertelangen Abbaus entstanden breite Gänge und hohe unter-irdische Räume und über 6 Etagen ein kompliziertes Gangsystem von 60 km Länge;  es ist das größte Kalkgrubensystem weltweit. 1956 wurde der Abbau eingestellt.
 
 Der zugängliche Teil  der Grube

   Der heutige (und einstige) Zugang     
     
Der Danien-Kalk entstand vor 65-60 Mio. Jahren in dem damals zwischen Skandinavien und dem Harz ausgebreiteten, warmen Schelfmeer. Es war dies die Zeit nach dem globalen Schockereignis durch den Einschlag des Chicxulub-Asteroiden, das starke klimatische Veränderungen und ein weltweites Massenaussterben auslöste. Wie der ältere Kreidekalk entstand der Dan-Kalk aus Kalkschlamm, aus den Gehäuseresten winziger Einzeller (v. a. Coccolithen und Foraminiferen), er ist weitgehend frei von Makrofossilien. Der Mønsted-Kalk ist ein nicht hartes, aber etwas sprödes, gering sandiges Gestein von grau-gelblicher Farbe.
Auffallend ist sein Reichtum an an Flint-Horizonten, sie liegen meist im Abstand von 1 m und sind 20 - 25 cm stark.
 


 
Die nebenstehende (etwas vereinfachte) geologische Kartenskizze zeigt den Untergrund von Nordjütland und seine Lage in der nördlichen Randzone des Germanischen Beckens zum kristallinen Sockel des Baltischen Schildes  - und zwar unter der glazialen und (lokal) holozänen Abdeckung.
Die Sedimente des Danien sind mit hellgrüner Farbe angegeben. Sie erstrecken sich als breiter Gürtel zwischen Nordjütland und Sjælland und sind in mehreren Strandkliffs natürlich aufgeschlossen.
  Der präquartäre Untergrund im nördlichen Jütland 


bearbeitete Skizze nach Angaben in GEUS:
   Bedrock geology of Denmark
 
 
 
Seit 1997 ist die Kalkgrube für Besucher geöffnet. Von dem gigantischen Gangsystem sind rund 2 km beleuchtet und gut begehbar. Der Besucher hat die Möglichkeit, sich
frei zu bewegen  -  und kann es so zum Beispiel auch wagen, Teile des ältesten Grubenteils mit seinen sehr niedrigen Gängen oder unbeleuchtete Seitengänge in Augenschein zu nehmen.
In den tiefgelegenen, jüngeren Grubenetagen sind die Gänge geräumig, es gibt sogar große hallenartige Räume. Auch zwei Seen befinden sich dort unten in dem begehbaren Bereich.
Es wurden Touristenattraktionen eingerichtet: eine informative Multimediashow tief im Berg  -  eine Ausstellung im ehemaligen Kalkwerk  -  das Gruben-Museum.

Im Eingangsbereich, wo noch Tageslicht auf das Gestein trifft, ist es grün bemoost  -ein Hauch von gewohnter Lebenswelt. Dann taucht man ein "in den Berg".
 
 
Die Optik unter Tage ist unerwartet  -  zumindest im Vergleich mit anderen Bergwerkserlebnissen. Es sind nahezu weiße Felswände, und sie erscheinen - fast könnte man sagen - "dekorativ" strukturiert durch die Abfolge der eingelagerten dunklen Feuersteinbänder. Für den Besucher entsteht eigentlich nicht der Eindruck von "Unterwelt", von lastender Schwere  -  eher von einer unwirklichen Welt...
Die zugänglichen Gänge sind begehbar geräumt. Von ihnen aus gibt es allerdings immer wieder Ausblicke in schmalere Seitengänge, die deutlich machen, dass der stillgelegte Berg doch "arbeitet". Einbrüche von Sand und Ton aus den aufliegenden eiszeitlichen Ablagerungen, geflutete Gänge oder von der Gangdecke niedergebrochener Kalkschutt...
Die Feuerstein-Lagen zeigen die Ausrichtung der Aufwölbung des Horstes an: insgesamt fallen sie um etwa 20% nach Westen ein. Daneben gibt es auch senkrecht ausgerichtete oder unregelmäßig geformte, isolierte Feuersteinkörper  -  sie werden durch Störungen / Verwerfungen auf Grund der Bewegung des Salzkörpers während der Ablagerungsphase erklärt.
 
Erdfälle
Durch das hügelige Gelände oberhalb der Grube führt ein Wanderweg. Von ihm aus gewinnt man Eindrücke des stark bewegten Oberflächenrelief im Bereich des Salzhorstes. Tiefe steile Löcher im Gelände entstanden durch den Einsturz von hoch gelegenen Minenstollen  -  was die darüber befindlichen (eiszeitlichen) Erd- und Sandschichten nachrutschen ließ. Darin liegt auch die Ursache für die Anhäufungen von Sand und Erdreich in manchen Grubengängen (siehe Bild oben). Derartige Dolinen (Erdfälle) können allerdings auch auf natürlichem Wege entstehen, wenn durch Sickerwasser Hohlräume im Kalk entstehen, die dann einstürzen.
 
  Das Grubenmuseum

Im ehemaligen Kalkwerk, jetzt als Museum eingerichtet, kann man Eindrücke von den Arbeitsabläufen des Kalkbrennens gewinnen.

Und eine lokale Besonderheit bestaunen: Mauern, ausschließlich aus Feuersteinen erbaut.
 
       
       
   
Literatur:
Larsen, Gunnar: Geologisk set - Det mellemste Jylland. Lok. 62 Daugbjerg og Mønsted. Geografforlaget 2008
Madirazza, Ivan 1964: Structural Geology of a Limestone Mine at Mønsted, Northern Jutland. Medd. fra Dansk Geol. Forening. Bull. 15.4. S. 519-547
zur Salztektonik in Nordjütland siehe auch: Geoviden 2, 2012 "Salt"
Thomsen, Erik 1995: Kalk og Kridt i den Danske undergrund. Aarhus Universitet.
Links: https://www.monsted-kalkgruber.dk/?lang=de
Bilder und Eindrücke: https://meermond.de/urlaub-daenemark-monsted-kalkgruber/
benachbart ist die noch ältere Daubjerg-Kalkgrube https://daugbjergkalkgruber.dk/
   
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