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Bulbjerg Klint in Nordjütland

   

Unvermittelt ragt der schroffe, steile Kalkfelsen des Bulbjerg an der Wasserkante auf. Äußerst schmal ist der Strand vor der unterspülten Klippe und bei Flut oftmals nicht begehbar. Das ist eine unerwartete Erscheinung im nördlichen Jütland  - angesichts der sonst üblichen ausgedehnten Sandstrände in der weiten Landschaft von Vendsyssel-Thy.



Bild links: Anblick von Osten,     Bild rechts: Anblick von Westen
   
       
 

Bulbjerg Klint ist die Abbruchkante eines   
langgestreckten Bergrückens
, eines in der flachwelligen Dünenlandschaft sehr deutlich wahrnehmbaren Härtlings zwischen der Niederung des Lund Fjord (verlandete Bucht des Limfjord) und der Vigsø Bucht.
In dem dänischen Online-Lexikon "Trap Danmark" https://trap.lex.dk/Bulbjerg
wird eine Luftaufnahme präsentiert, die diesen Gesteinskörper exzellent zeigt.


Aufnahme von der Zufahrtsstraße, von Südwesten
 
 
Der Blick von der Spitze des Felsens macht die exponierte Höhe erlebbar. Die Steilheit der seitlichen Hänge wird durch die überdeckenden glazialen Ablagerungen und postglaziale Flugsandanhäufungen gemildert.
Blick nach Westen Richtung Lildstrand:
flache Sanddünen säumen den Strand 
Blick nach Osten Richtung Ellidsbøl Strand An den Bergrücken angelagerte Flugsande
und glaziale Sedimente
 
Was ließ dieses markante Felsmassiv hier entstehen?
Die geophysikalische Forschung führte zu der Erkenntnis, dass tiefe alte Verwerfungen im Untergrund das Terrain des Bulbjerg in früher Zeit bereits isolierten - zwischen dem Fjerritslev-Trog im Nordosten und einem weitgehend stabilen Block unter Thy im Südwesten. Geotektonische Prozesse, auch Salz im Untergrund, führten zur Aufpressung dieser kleinen Bruchscholle, des sog. Bulbjerg-Blocks. Dadurch wurden Kalkgesteine des frühen Tertiärs (im Unteren Danium, vor 61-66 Mio. Jahren) bis über die heutige Erdoberfläche gehoben. So ist der Bulbjerg heute innerhalb der flachen nordjütischen Landschaft ein ausgesprochen markanter, ein einzigartiger Ort.
 
Der 47 m hohe, steil abfallende, auf Grund der Abrasion sogar überhängende Felsen besteht in den unteren 15 m aus Bryozoenkalk. Seine wellenförmige Bankung ist durch zahlreich eingeschaltete Feuersteinlagen deutlich markiert. Über dem Kalk liegt eine Decke von glazialen Ablagerungen.
Der Felsrücken des Bulbjerg hat sich früher noch weiter nach Norden, in die heutige Nordsee erstreckt. Diesen Teil hat das Meer bereits abgetragen, nur ein flacher Rest, 100 m vor dem Strand, das Skarreklit, ist davon übrig geblieben  -  sichtbar nur noch bei Ebbe.
 
 
Die Bryozoenkalk-Formation des Daniums, (hellgrün in der Skizze rechts) gehört zu den jüngeren der mehr als 12 Kilometer mächtigen Sedimentschichten im dänischen Untergrund. Sie tritt an einigen Lokalitäten in Oberflächen-aufschlüssen zutage. Zumeist sind es vom Meer geschaffene Aufschlüsse.
Am bedeutendsten in Stevns Klint, aber auch in Faxe (Sjælland), Klintholm (Fyn), im Sangstrup Klint und Karlby Klint (Djursland) sowie im Bulbjerg, Klim Bjerg und Hanstholm.
Das Danium stellt erdgeschichtlich eine "Zeitenwende" dar, sie konnte nachgewiesen werden in den Ablagerungen am Stevns Klint.
(Stevns Klint-Formation)
  Der präquartäre Untergrund im nördlichen Jütland 




   bearbeitete Skizze nach Angaben in GEUS:
   Bedrock geology of Denmark
 
Der Übergang vom Ende der Kreide-Zeit zum Danium (dem ersten Zeitalter des Tertiär) vor etwa 66 Millionen Jahren war einer der größten Umbrüche in der Geschichte des Lebens auf unserer Erde: Nach heutiger Auffassung führte der Einschlag des Chicxulub-Meteoriten im Golf von Mexiko zu einem "Einschlagswinter", zu einer nahezu unbewohnbaren Welt und zu einem Massenaussterben (dem auch die Dinosaurier zum Opfer fielen), zeitgleich schuf die Erde selbst Unruhe durch gewaltige Vulkanausbrüche, vor allem im Indopazifik. Auf Grund dieser katastrophal eingetretenen Lebensverarmung ist es nicht verwunderlich, dass der Bryozoenkalk des Danium arm an Makrofossilien ist. Seeigel, Brachiopoden und Muscheln können in geringer Zahl vorkommen.
 
 
Das Gestein besteht aus den kalkigen Skeletten kleiner Moostierchen (Bryozoen), die koloniebildend auf dem Meeresgrund lebten. Sie schufen dabei einen sehr welligen Meeresboden mit bis zu 10 m hohen Hügeln. Er ist erhalten in der welligen, oft nach oben gebogene Bankung der Kalksteinschichten. Die Moostierchen lebten von Nahrungspartikeln, die sie aus der Meeresströmung filterten. In dem damaligen (heute dänischen) Raum, kam die maßgebliche Meeresströmung von Süden. Das Wachstum der Moostierchen war in Richtung der Strömung am stärksten, weil von dort die meiste Nahrung kam. Die durch Feuersteinlagen nachgezeichneten Hügel besitzen deshalb einen asymmetrischen Längsschnitt und sind in Richtung Süden am steilsten.  
 
Das vorragende Kliff hat im Küstenverlauf beidseits leichte Buchten geschaffen  -  mit weitläufigen Sandstränden, auf denen sich das niederge-brochene Kalkgestein, von küstenparallelen Strömungen verfrachtet, sammeln kann.
 
Zwischen den Kalksteinen liegen kristalline glaziale Geschiebe, aus den eiszeitlichen Ablagerungen Relativ weicher, von der Bohrmuschel durchhöhlter Bryozoenkalk,
lokale Strandsteine am Bulbjerg
 
Ein hoher Anteil des am Strand liegenden Steinsortiments besteht aus Feuerstein  -  nicht verwunderlich angesichts der sehr zahlreichen Feuersteinlagen im Kalkfelsen. Wie in den Aufnahmen zu sehen, treten auch zwischen den Feuersteinhorizonten viele einzelne Feuersteinknollen auf. Der rein aus Kieselsäure bestehende Feuerstein entsteht diagenetisch in den marinen Kalkschlämmen. Substanzgeber sind Kieselalgen, Kieselschwämme und weitere kieselreiche Mikroorganismen. Es entstehen gelartig wabernde Kieselsäure-"Wolken" oder "Teppiche". Ihre Verfestigung (unter Abgabe des Wassers) lässt schlussendlich nach langem Prozess den wasserfreien, hartsplittrigen Feuerstein mit seinen nicht-kristallinen Formen entstehen.
 
 
Während der Vereisungen wurde, wie das gesamte umliegende Land, auch der Bulbjerg-Rücken mit einigen Metern Geschiebemergel, Geröll und Sanden überdeckt. Als nacheiszeitlich der Meeresspiegel stieg, war das Bulbjerg-Massiv zeitweise eine Insel, umgeben von Flachwasserzonen, die (im Westen und Osten) heute küstennahe Dünenheiden sind. Hier hat die postglaziale Landhebung seitdem den Meeresspiegelanstieg ausgeglichen. Teilgebiete wurden mit Kiefern aufgeforstet.
 
 Blick vom Bulbjerg über Flugsanddünen in die Niederung bei Lildstrand  Dünenheide (auf Flugsanddünen) am Bulbjerg 
 
Heute ist das Felsenkliff vom Bulbjerg Dänemarks einziger Vogelfelsen außerhalb von Bornholm. Es nistet hier u. a. eine große Brutpopulation von Dreizehenmöwen. Aber die Geschichte des Bulbjerg beinhaltet auch unfriedliche Zeiten.
Im 2. Weltkrieg baute die deutsche Wehrmacht den exponierten Felsen aus für einen Gruppenunterstand.
Der verbliebene Bunker beherbergt heute ein kleines Museum.
     
Der Vogelfelsen Unterhalb des Bunkers wurde das Kliff stabilisiert Eingang in das Bunkermuseum
     
  Der Felsen hat seine eigene faszinierende Physiognomie  -  wenngleich eine fortwährend in Veränderung begriffene.  
   
       
       
Literatur:
Andersen St. u. Sjørring St. 1992: Geologisk set - Det nordlige Jylland, Lok. 10. Geografforlaget.
 
als PDF aufzurufen:
Flyer des Miljøministeriet Naturstyrelsen: Bulbjerg
Flyer der GEUS (Ture til geologiske naturperler): Bulbjerg
Links:
https://naturstyrelsen.dk/naturoplevelser/naturguider/bulbjerg/sevaerdigheder/
Fotos in der Website: https://meermond.de/blick-vom-bulbjerg-eine-reise-in-die-erdgeschichte/
 
   
   
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