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Eiszeitliche Landschaftselemente  -  Sander

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Das im und unter dem Inlandeis gesammelte Schmelzwasser ergoss sich unter hohem Druck aus den Ausflussöffnungen der Gletscher und schüttete dabei große Mengen an zerriebenem Gesteinsmaterial aus  -  in Korngrößen zwischen grobem Kies und feinstem Schluff.
Diese Sedimentfracht setzte sich in den Ebenen vor dem Eisrand ab: in Kiesschüttungen nahe den Gletschertoren und in weiten Schwemmsandflächen (Sander) auf der heutigen Geest. Leichte, feinkörnige Partikel lagerten sich in Becken vor dem Eis ab oder wurden mit den Wasserläufen bis in die Meeresbecken der heutigen Nordsee verfrachtet.
     
  unterschiedliche Situationen von Schmelzwasserablagerungen (Kiesgruben)  -  geschichtet, jahreszeitlich sortiert bzw. unruhig wechselnd
     
  Die Schwemmsandebene des Sanders bestand im Grunde aus einem Netz von Wasserläufen in einer Akkumulation aus Lockersedimenten und veränderte sich daher fortwährend, in Reaktion auf Witterung und Schmelzwassermenge.
In Ruhezeiten konnte die Ebene bis auf größere Rinnen nahezu trocken fallen. In den durch Tages- und Jahreszeiten periodisch verstärkten Wasseraustritten schuf sich das Rinnensystem neu und neue Schmelz-wasserabsätze bauten sich auf. Die durch keinen Pflanzenwuchs ge-schützten Schwemmsandflächen waren aber nicht nur der Auswaschung durch das strömende Schmelzwasser ausgesetzt sondern auch der Winderosion.

Aufnahme: D. Kaltwassser, Tittling
 
Die beständigen kalten Fallwinde der Eisfront wirbelten Sand und feinen Gesteinsstaub auf und verlagerten ihn west-wärts, wobei die Staubpartikel in die vielen Wasserläufe verblasen wurden oder weit im Westen, letztlich in der Nord-see landeten. Anders als an den älteren Eisrändern im Bereich der deutschen Mittelgebirge gab es in Schleswig-Holstein keine Höhenzüge, die die wertvolle Fracht hätten auffangen und als Löß sammeln können  - hier waren die leichten, mineralreichen Bodenteilchen (bis auf wenige kleine Ablagerungsplätze im südlichen Schleswig-Holstein) verloren.
Je länger das Land periglazial eisfrei lag, verlor es Bodenfruchtbarkeit. Zurück blieb im Bereich der Sandergeest eine verödete Sand- und Kieslandschaft, unterbrochen von Vermoorungen in den ehemaligen Schmelzwasserrinnen und Toteiströgen.
  Die Pflanzenwelt und die landwirtschaftlichen Bemühungen seitens des Menschen mussten nachfolgend mit einem sehr nährstoffarmen und kaum bindigen Boden zurechtkommen.
naturbelassener Sanderboden im ehema-ligen Truppenübungsplatz Schäferhaus ein Blick auf diesen Boden...
 
extensiv beweidete Sanderebene südwestlich von Flensburg
 
Da die sandigen Böden dieser sog. "Vorgeest" die geringste Bodenbonität (mit Punkten ab 12 aufwärts) aufweisen, konnte nach der mittelalterlichen Entwaldung mit dem Land schwer etwas angefangen werden. Weite Heideflächen (mehr dazu hier) oder sogar Ödland hatten sich ausgebreitet. "Unurbares Kummerland" nannte ein Bauer solche Land-striche in seinen Lebenserinnerungen.
Ab dem 19. Jh. wurde das Ödland vielfach neu aufgeforstet, etwas vielversprechendere Böden zeitweise mit Hilfe von Mergel aufgewertet und landwirtschaftlich genutzt. Letzteres konnte nur vorübergehend helfen, und auch den Bemühungen der "Deutschen Ödlandkultur" Anfang des 20. Jh. war kein nennenswerter Erfolg beschieden. Erst dem "Programm Nord" gelang nach dem 2. Weltkrieg die Umwandlung der schleswigschen Sandergeest zu einer modernen Agrarlandschaft. Gegenwärtig wird die gesamte Geest mithilfe moderner Agrartechnik / Dünge-Methoden zu einem großen Teil zum Maisanbau genutzt. Dazu gesellen sich Windkraft- und Biogasanlagen... die Landschaft hat ihre Optik grundlegend verändert.
Damit aber auch die Lebensbeziehung zu ihrem Boden, zu ihren ursprünglichen Naturgegebenheiten aufgegeben.
 
Sehr wenige heute geschützte Lokalitäten, bezeichnenderweise in ehemals militärisch genutztem Gelände, bewahrten die karge Wildnis der Natur und bieten möglicherweise eine Basis, die bedrohte Ödlandflora und -fauna weiter zu erhalten.
 
Ein Spaziergang im heutigen Naturerlebnisraum Stiftungsland Schäferhaus bei Flensburg kann uns ein paar  Eindrücke vermitteln. Dabei fallen die eher vereinzelt blühenden, unscheinbaren Wildblumen in der Weite kaum auf, man muss nach ihnen Ausschau halten:
Hasenklee Augentrost Hauhechel Sandglöckchen Fingerkraut Glockenblume
  
Skabiose


Habichtskraut


Wiesenbocksbart,
Samenstand

Knöllchen-Steinbrech


  Der kleine Feuerfalter ist einer der 
  bevorzugt in kargen Habitaten leben-
  den Schmetterlinge, er besucht u. a.
  gerne die Skabiosen-Blüten. 
 
Der naturpflegende Rinderbetrieb Bunde Wischen eG lässt in dem Gelände Galloways und Koniks grasen. Kleine natür-liche Wasserlöcher (ehemalige Toteislöcher) erleichtern die Maßnahme.
 
  Die Installationen des "Naturerlebnisraumes" bieten ergänzende Informationen (u. a. Infotafeln) zu Lokalitäten und standortbezogenen Themen - 
zu geologischen, archäologischen, historischen, ökologischen und  - mit einem auszuprobierenden "Höhrrohr"  -  sogar physikalischen Besonderheiten.
 
 
Hier sei nur auf die "Geologische Aktivfläche" hingewiesen. Da steht, umgeben von einem Steinkreis mit ausgewählten Exponaten, ein oktogonaler Tisch. Seine weiße Platte ist mit einer Kartenskizze versehen, die in vereinfachten Umrisslinien die skandinavischen Herkunftsländer unserer vielen glazialen Geschiebesteine andeutet.
10 bekannte "Leitgeschiebe" wurden in diesen Überblick eingefügt, am jeweiligen Herkunftsort.
Eine Infotafel liefert unter dem eindrücklichen Titel: "Es schneite und schneite... über tausende von Jahren"... einige Erklärungen.
 
 
  Präsentiert werden:
Rhombenporphyr, Åland-Rapakivi, Uppsala-Granodiorit, Bredvad-Porphyr, Kinne-Diabas, Flammenpegmatit, Skolithos-Sandstein, Roter Ostsee-Quarzporphyr, Schonen-Basalt und Faxe-Korallenkalk
 
 
Beim Gang über das weitläufige Gelände des Stiftungslandes vermag man durchaus etwas von der Eintönigkeit  -  eben der "Öde"  -  dieser kargen Landschaft zu spüren. Einen erholsam ausgleichenden Anblick bietet bei einer Rast der Ihlsee im Süden des Gebietes. Er geht auf einen Toteissee zurück, wird heute von lokalen Quellen gespeist.  
 
Kies heute:
Kies ist für den Wegebau, vor allem aber für die Bauindustrie zu einem höchst begehrten und wertvollen Rohstoff geworden. Entsprechend wurde und wird ihm in den Sandergebieten zu Leibe gerückt.
   
Lange Zeit erfolgte der Abbau trocken, anfangs per Hand, später mit Gerät. Bis zur Mitte des 20. Jh. wurden die noch kleinen Gruben oftmals wieder verfüllt (nicht selten mit Bauschutt). Inzwischen hat die "Auskiesung" längst - mit ent-sprechend schwerem Gerät - die Grundwasserhorizonte erreicht und erfolgt in den vollgelaufenen Gruben als Nassbaggerei (Bild links).
Die nach Ende des Kiesabbaus entstehende Seenlandschaft wird für Naher-holung und Naturschutz beworben (Link unten). Seitens des Gewässerschutzes wird die erfolgte Öffnung des Grundwassers (und nachfolgende Vermischung mit Oberflächenwasser) allerdings nicht ohne Sorge gesehen.

Bilder aus dem weiträumigen Kiesabbaugebiet südwestlich von Flensburg
   Während das Abbaus entstehen steile, instabile Abbruchkanten.
   Sie müssen für die Renaturierung angeglichen bzw. für ökologische
   Belange gestaltet werden.
  Landschaftselemente der Sanderebenen heute:
  Eine renaturierte Kiesgrube (Baggersee) und im Hintergrund ein
  Windpark.       
Aufnahme bei einem aufziehenden Gewitter...
 
 
Last not least ein Blick auf die besonders deutlich ausgebildete "Glaziale Serie" in Schleswig-Holstein:
  Schleswig-Holstein weist eine beispielhaft klare Abfolge der glazialen Ablagerungen (Glaziale Serie) auf.

Während der Weichsel-Kaltzeit lag der Bereich der "Jungmoräne" unter Eisbedeckung. Aus einer Vielzahl von sehr wasserreichen bis marginalen Schmelzwasser-austritten erfolgten insgesamt gewaltige Sediment-schüttungen, die die Schwemmsandebenen der "Vorgeest" (Sandergeest) aufbauten, lokal bis 20m tief. Die "Hohe Geest" wiederum besteht aus den viel älteren, teilweise eingeebneten Moränen der Saale-Kaltzeit, die während der Weichsel-Periode lokal von Flugsand überdeckt wurden (Binnendünenbildung).

In Mecklenburg-Vorpommern und auf den dänischen Inseln ist auf Grund gestaffelter Endmoränenzüge, die aus mehreren Vereisungsstadien resultierten, die Ab-lagerungssituation komplexer. Das betrifft auch die vielen zwischengeschalteten Sandergebiete.
https://www.lung.mv-regierung.de/wasser_daten/Dateien/Karte_1.htm
 
  
Links:
https://www.stiftungsland.de/fileadmin/user_upload/Stiftungsland_Schaeferhaus.pdf
https://seenland-um-flensburg.de/
       

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