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Gebrauchssteine  -  Steinsetzungen  -  Runensteine

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Während sich in den Hochkulturen im Nahen Osten und im Mittelmeerraum der Gebrauch von Bildzeichen und Schrift bereits ab dem 4. Jahrtausend entwickelt hatte und ab ca. 1000 v. Chr. zu umfassendem Gebrauch gekommen war, blieb der germanische Norden schriftlos, bis die Begegnung mit südeuropäisch-lateinischen Vorbildern stattgefunden hatte.
Die ältesten Zeugnisse (ab dem 2. Jh. n. Chr.) stammen aus dem südschwedischen bis schleswig-holsteinischen Raum, mit Zentrum in Jütland. Es sind geritzte Runen auf Waffenteilen und Gebrauchsgegenständen, die aus Mooropferplätzen geborgen wurden.
In der frühen Zeit bestanden Runen-Inschriften häufig aus nur einem Wort. Diesem wurde magische Kraft beigemessen, es konnte einen Segen, eine Weihe oder einen Fluch vermitteln. Später wurden Runen für Inschriften zum Gedenken für besondere Ereignisse, für Verstorbene oder als Widmung auf Geschenken eingesetzt. Die Runenschrift wurde aber nie zu einer Gebrauchs- oder Dokumentenschrift für das alltägliche Leben. 
     
Runensteine

Mit Runen-Inschriften versehene Steine treten ab der Nordischen Eisenzeit (ab etwa 400 n. Chr.) bis zum Ende der Wikingerzeit (12. Jh.) auf. 
     

                                                                           https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kylverstenens_futhark-inskrift_1384-1385.jpg
Inschrift eines der ältesten Runensteine in Skandinavien ("Kylverstein"), ca. 400 n. Chr. Sie enthält alle Zeichen des älteren Futhark-Alphabets, dazu weitere Zeichen. Bislang ist die inhaltliche Deutung nicht gelungen. Der Stein wurde gefunden in Stånga, Gotland. Heute im Historischen Museum Stockholm
     
     
    Ebenfalls auf etwa 400 n. Chr. wird dieser große (210 x 160 x 35 cm) Runenstein von Kalleby datiert. Er ist stark verwittert, weil er als Steg über einen Bach benutzt worden war, heute steht er an der Kirche von Tanumshede (Bohuslän, Schweden). Seine senkrecht stehenden Runen sind im älteren Futhark geschrieben und müssen von rechts unten nach links oben gelesen werden.
Auf der Infotafel am Ort steht:
"...Wie die Runen zu interpretieren sind, ist umstritten. Die ersten Wörter sind mit den Wörtern trå (durchziehen) tråna (sich sehnen) verwandt, die beiden folgenden Wörter sind ältere Formen des Verbs heta (heißen) und vara (sein). Möglicherweise wird ein Zauberer oder Magier genannt. Aber auch die Inschrift als solche wurde als Bannwort interpretiert mit der Aussage, dass ein Wiedergänger (Gespenst) wieder in sein Grab zurückkehren solle. Nach einer weiteren älteren Interpretation ist die Inschrift ein Fluch, der denjenigen, der den Stein beschädigt, treffen wird, so dass er selber Schaden nehmen und dahinschwinden solle...."
 
     

Später, vor allem in der Wikingerzeit spielen Runensteine eine bedeutende Rolle als Gedenksteine für eine genannte Person oder für eigene Taten oder Verdienste. Darin drückt sich ein Wandel im Selbstverständnis des Menschen aus  - von einem durch Götterwillen geleiteten Wesen zu einer zunehmend seiner selbst bewusst agierenden Persönlichkeit.
Durch die in den Runensteinen erwähnten Schauplätze von Ereignissen wurden die Steine darüber hinaus zum Zeugnis der weiten Reisen, die von den Wikingern (Warägern) unternommen worden waren.

                                                                  Nachbildung des großen Sigtryggsteins am Selker Noor bei Haithabu
                                                                  
(Das Original befindet sich im Wikingermuseum Haithabu)
Die Inschrift lautet:
"Asfrid machte dieses Denkmal zum Gedenken an Sigtrygg, ihren und Knubas Sohn." (10. Jh.)
                                                                                                                                      die Rückseite
 
 
Aus dem Umfeld der Wikingersiedlung Haithabu sind vier Runensteine erhalten. Sie sind im dortigen Museum ausgestellt. Eine weiterführende Beschreibung hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Runensteine_von_Haithabu .
 
  Die beiden älteren Steine (großer und kleiner Sigtrygg-Stein) wurden von Königin Astrid für ihren Sohn, König Sigtrygg (Herr über die Gegend um Haithabu) aufge-stellt. Die Steine werden in die Mitte des 10. Jh. datiert.   Der Skarthe-Stein wurde von König Sven für seinen gefallenen Gefolgsmann Skarthe errichtett (datiert um die Jahrtausendwende). Aus der gleichen Zeit stammt der Erik-Stein, errichtet von einem Gefolgsmann des Königs Sven namens Thorolf für seinen gefallenen Kameraden Erik.
 
 
Die meisten erhaltenen Runensteine stammen aus der Zeit zwischen 980 und 1130 n. Chr.
    Bei Frederikshåb (nahe Egtved, Jütland) steht der Runenstein von Rygbjerg.
Er ist stark beschädigt und unvollständig erhalten, da die Inschrift erst entdeckt wurde, als man bereits begonnen hatte, ihn zu zerteilen. Zuvor hatte er halb eingesunken auf einem flachen Hügel gelegen. Die nachfolgende Ausgrabung bezeugte, dass der Hügel ein Grab gewesen war, auf dem der Stein als Gedenkstein gestanden hatte.
Die Inschrift besagt:
"Der königliche Gutsverwalter Tue errichtete diesen Stein für die Ehefrau des Gutsverwalters. Diese Runen für Thorgun werden sehr lange leben."

Hier wird explizit die durch den Stein und mit ihm auch die seiner Botschaft gegebene Bewahrungsdauer ausgesprochen.
 
     

 
Sehr bekannt sind die beiden Runensteine von Jelling.
Sie stehen vor der dortigen Kirche.

Der ältere der beiden, auf die Mitte des 10. Jh. datiert, ist ebenfalls dem Gedenken einer Frau gewidmet: Thyra, der Ehefrau von König Gorm. Er war der Begründer der Jelling-Dynastie, mit der sich Dänemark als größeres Herrschaftsgebiet etablierte.
Die Inschrift (auf Vorder- und Rückseite) lautet:
"König Gorm errichtete dieses Denkmal für Thyra, seine Frau, die Zierde Dänemarks."

                         
                     Das Gestein ist ein grauer Biotitgneis.
  Der etwas jüngere, sehr viel größere Stein ist auf allen Seiten von ineinander verschlungenen Flechtband-Ornamenten bedeckt. Auf der breitesten Seite (290 cm) beginnend umzieht den Stein eine Runeninschrift mit dem Inhalt: "König Harald befahl, diesen Stein zu errichten zum Gedenken an Gorm, seinen Vater, und an Thyra, seine Mutter. Der Harald, der sich ganz Dänemark und Norwegen unterwarf und die Dänen zu Christen machte."
Die Rückseite zeigt Christus, durchwoben von der Lebensfülle der fortlaufenden Flechtbanddynamik.
Eine dritte Seite zeigt einen löwenartigen Drachen.
                               Das Gestein ist ein rötlicher Granitgneis.
       
       
Als einer der interessantesten Runensteine Schwedens wird der Karlevi-Stein auf der Insel Öland  bezeichnet.
Der Stein wurde um das Jahr 1000 n. Chr. für einen gefallenen dänischen Wikinger von seinen Begleitern errichtet. Er steht an seinem ursprünglichen Platz und war flankiert von zwei inzwischen verschwundenen Grabhügeln. Laut Inschrift war der Tote in einem von ihnen bestattet.
Die Inschrift besteht aus einem kurzen Teil in Prosa, der den Häuptling beim Namen nennt und einem längeren in höfischem Versmaß (Dróttkvætt), dessen Übersetzung (in etwa) lautet:
"Verborgen liegt derjenige, der die größten Taten vollbracht hat – wie die meisten Menschen wussten – der Krieger in diesem Hügel. Nicht wird ein gerechterer, kampfstärkerer Schiffsführer auf dem gewaltigen Reich des Seekönigs über das Land Dänemark herrschen."

Weiteres aus dem Text auf der Infotafel am Ort:
"... Das Gedicht ist das einzige dieser Art, das noch im Original erhalten ist. Es ist Ruhmesgedicht und Nachruf auf einen gefallenen Wikinger-Häuptling namens Sibbe. Er wird im Gedicht mit Odin verglichen, dem höchsten Gott. Der Runenstein ist ca. 1000 Jahre alt; damals befand sich die Zeit im Umbruch zwischen Asenglaube und Christentum. Auf dem Stein kann man die Wörter entziffern:"INONINEH" (siehe 3. Bild), was eine Entstellung von "IN NOMINE IHESU", also "In Jesu Namen" ist..." 
Der Stein ist übrigens auch ein "Fremdling" im Lande  -  ein Granit vom schwedischen Festland, der während der Eiszeit hierher verlagert wurde und liegen blieb.
     
 
  Zu dem Runenstein von Vadstena (Östergötland) ist nicht viel bekannt. Es ist ein flacher, knapp 2 m hoher Stein mit umlaufenden Runen auf der Schmalseite und einer figürlichen Darstellung auf der Vorderseite. Die Art dieser Ausführung  -  Flechtbandornamentik, die in einem Schlangen- oder Tierkopf endet  -  wird einer wikingerzeitlichen Stilperiode (FP) zwischen 1010 und 1050 n. Chr. zugordnet.
Ursprünglich hat der Stein so nah am Ufer des Vättern gestanden, dass die unteren Teile der Inschrift vom Wasser zerstört sind.
Der erhaltene Text besagt, dass der Stein zum Gedenken an einen Vater namens Áskell aufgestellt wurde. (Infotafel)
            Heute steht der Runenstein an einer Mauer der Abtei von Vadstena.
                             Es handelt sich um einen kleinkörnigen rötlichen Granit.
       
 
  Auf dem Kirchhof der Kirche zu Sandby im Osten von Öland stehen zwei zueinander gehörende Runensteine, sie werden auch als "Zwillingssteine" zitiert. Den Grund erklärt ihre Runen-Inschrift: Nr. 1: "Gudfast und Helge und Nenne, Mutter und Söhne, ließen den Stein errichten für den Vater Sven". Nr. 2: "Diese Brüder, Gudfast und Nenne, errichteten diese Steine für ihre Schwester, Åfrid, und für ihren guten Vater Sven."
Es sind, von demselben Runenschnitzer hergestellt, sorgfältig bearbeitete, flache Kalksteine mit einer umlaufenden Runeninschrift und halbfigürlicher Flechtband-Ornamentik (Schlangenmotiv) in der Bildfläche (Runenstein-Typ Pr 4). Dieser Stiltyp wird in die Zeit 1060 - 1100 n. Chr. datiert.

Der weißlich Belag auf den Steinen ist Flechtenbewuchs.
   
   
  Diese beiden Runensteine (Sandstein mit geschwärzten Oberflächen)befinden sich auf Bornholm, heute im Vorraum der Kirche von Nylars (sie werden datiert zwischen 1075 und 1125 n. Chr.).
Die Inschrift des ersten, etwas beschädigten, 186 x 146 cm messen-den Steins lautet:
  "Kåbe Sven errichtete diesen Stein nach seinem Sohn Bøse, ein (wohlgeborener)
   Junge", der im Kampf bei Utlängan (= Insel im Blekinger Schärengarten) getötet
   wurde. Gott der Herr und Sankt Michael helfe seinem Geist."
Die Inschrift des zweiten Steins - mit dem Motiv eines Kreuzes, das von einem Schlangenband umwunden wird, lautet:
 
"Sasser ließ diesen Stein errichten nach seinem Vater Alvard (Halvard), er ertrank
   draußen mit der ganzen Besatzung. Christ helfe seiner Seele in aller Ewigkeit. Dieser
   Stein soll als Gedenkstein stehen."
Die beiden Schlangenköpfe sind an der Basis über eine spezielle Ornamentform ("Irisches Koppel") an das Kreuz "gefesselt". siehe Detailbild
   
   
Im skandinavischen Raum blieben die Runenzeichen trotz der Christianisierung neben der lateinischen Schrift noch bis in das 16. Jh. in Gebrauch  -  überwiegend in Form von Runeninschriften in Kirchen, bei Grabinschriften oder auf Gedenk-steinen. Die alten Runenzeichen wurden gewählt, um auf Situationen hinzuweisen, die dem Alltag und der kurz bemessenen Gegenwart enthoben sind.
 
Undatierte Beispiele, die das Nebeneinander von christlichen Bildsymbolen und Runenzeichen zeigen:    
Runensteine in Bodil Kirke, Bornholm. Vorhalle Hall kyrka, Gotland  Grabsteine, Kirchhof von Öja, Gotland 
   
   
Auf Gotland begann sich ab der Späten Eisenzeit eine einzigartige Kunst und Tradition zu entwickeln, aufrecht stehende, kunstvolle Bildsteine herzustellen.
Im Zuge der Christianisierung ergab sich auch hier eine Übergangsphase der Ablösung vom alten Götterglauben zum Christentum. Das Bedürfnis, mittels eines Runensteins nach alter Weise eines Verstorbenen zu gedenken, führte zur Kombination mit christlichen Bildsymbolen oder zu christlichen Bezügen im Runentext.
 
  Runenstein mit vielfach verschlungenen Schlangenmotiven unter dem Kreuz.
Ein Runenband um-schließt beide Bildteile.


Runentext:
"Dieser Stein für Ai...Er wurde getötet in Vindau (Lettland).
Zwei Schwestern, drei Brüder. Rodvald und Rodgut, Rodair und Torstein, sie sind Vaterbrüder."
  Runenstein mit einem verschlungenen Schlan-genmotiv unter dem Kreuz. Ein Runenband umschließt beide Bildteile.

Runentext:
"Sigmund hat diesen Stein errichtet Im Gedenken an seine Brüder und die Brücke gebaut für Sigbjärn. Möge Sankt Michael seine Seele bewahren  - und die von Botraif und Sigraif und Ajbjärn, Vater von ihnen allen, und er lebte auf dem südlichsten Hof. Garvid wand die Schlangenlinien... So hat Sigmund einen Gedenkstein zu Ehren der Männer errichtet... Hier soll der Stein stehen als ein Wahrzeichen, hell auf dem Berg, daneben die Brücke. Rodbjärn ritzte die Runen, Gairlaiv manche, er kennt sie gut."
11. Jh. Kirche von Sjonhem,
heute im Museum zu Visby.
  um 1100. Hogrän,
Heute im Museum zu Visby
 
 
 
Informative Links:
https://en.wikipedia.org/wiki/Runestone_styles
https://de.wikipedia.org/wiki/Runen
https://de.wikipedia.org/wiki/Irisches_Koppel

 
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