Landschaft - Im Ostseeraum - Die Flensburger Förde
Flensburger Förde
|
Kluesries
| Krusauer Tunneltal
| Kollunder Wald |
Meierwik |
Ochseninseln
| Holnis
Geltinger Birk | Geltinger Bucht | Habernis Kliff | Habernis Bucht und Moor |
||
Die Steilufer zwischen Westerholz und Neukirchen | ||
Die
nebenstehende
vereinfachte topographi-sche Kartenskizze vermittelt einen
überblicks-haften Eindruck der Höhenverhältnisse - an der Küste und im unmittelbaren Hinterland zwischen dem Tal der Langballigau und dem Habernisser Moor. Die See hat das leicht kuppige Moränenhochland angeschnitten und so eine Sequenz von Steilufern geschaffen, die von kleineren Senken und jungen, schmalen Erosionstälern untergliedert wird. Neben den Parkmöglichkeiten und Zugängen bei Westerholz, in Dollerupholz, bei Mühlendamm und (unter Vorbehalt) an der Kirche Neukirchen gibt es ein paar weitere kleine Abstiegsmöglichkeiten. (siehe Pfeile) |
||
Der Strand ist in
weiten Abschnitten ein schmaler Geröllstrand - steinreich,
mit einer sehr bunten Geschiebevielfalt in allen Größen, vom
eher kinderfreundlichen Grobkies über faust- und ballgroße Rollsteine
bis zu größeren Blöcken und vereinzelt großen Findlingen. Das
vielfältige Gesteinssortiment resultiert - wie im
gesamten südlichen Ostseeraum - aus dem enorm großen
Herkunftsgebiet der eiszeitlichen Geschiebe, die hierher verfrachtet wurden. Ein Herkunfts-gebiet, das
rund 1/2 Million qkm des alten skandinavischen Gebirgsgrundes
umfasst. Bild unten links: das ungefähre Herkunftsgebiet der Geschiebe in Schleswig-Holstein, weiß: das letzte Vereisungsgebiet. |
|||
Der Kliffaufbau ist
nicht einheitlich, er variiert, im Bodenmaterial und in den sich
ergebenden Schichtstrukturen. Zwischen Neukirchen und Mühlendamm
dominiert bei geringerer Kliffhöhe die Grundmoräne. Zwischen
Mühlendamm und Dollerupholz deuten die
Aufschlüsse komplexe Bewegungsprozesse an, es treten Stauchungen,
Überschiebungen und zwischengeschaltet schmale bandförmige
Schichten von Schmelzwassersand und -kies auf. Auch der tonige
Schluff (glazialer Beckenton), einst ein Markenzeichen für die
Flensburger Förde und ihre zahlreichen Ziegeleien, tritt
zuweilen am Kliff-Fuß in Erscheinung. Zwischen Dollerupholz und
Westerholz zeigt das
dort oft hohe Kliff eine ungestörtere
Be-schaffenheit: es besteht allerdings vielfach aus sandangereichertem Geschiebelehm, lokal ist es so stark
sanddurch-setzt, dass es immer wieder zu Rutschungen kommt. Je nach
Wasserstand und
küstenparallelem Abtransport werden dadurch auch weitere Uferabschnitte
zeitweise mehr oder weniger übersandet. Die Küstendynamik sorgt
auf diese Weise für ständig wechselnde Verhältnisse. Das wurde bei dem Sturmhochwasser im Oktober 2023, das für nahezu alle ufernahen Bebauungen zerstörerische Folgen hatte, eindrucksvoll deutlich. Siehe Bilder der frischen Aufschlüsse in den einzelnen Abschnitten I - II - III - IV |
|||
I Von Westerholz nach Dollerupholz |
Ein kleiner Abschnitt der geführten Route "Historische Wanderung" durch die Orte Langballigau - Unewatt - Dollerupholz - Westerholz führt zwischen Osterholz und Westerholz am Strand entlang. Infotafeln geben einige Erklärungen zu den geologisch bzw. lokal interessierenden Themen. Die erste Tafel zum Thema "Steilküsten" fasst so zusammen: |
Die Steilküsten der
Förde befinden sich in einem permanenten Wandlungsprozess. Wind,
Frost und Wasser verändern die Form der Steilküsten rasch und z.
T. mit dramatischem Ausmaß. Die vielfältigen Bodenschichten, die durch die Dynamik des eiszeitlichen Geschehens entstanden sind, kann man z. T. in den heutigen Steilufern erkennen. Sand, Geröll und dichte Tonschichten sind zu finden. Die Steilufer wiederum formen die Naturstrände mit. Durch die charakteristische Hangrutschung, die in besonders beeindruckender Weise erfolgen kann, gelangen große Mengen Erdmaterial an den Strand. Teilweise werden ganze Gehölzgruppen mitgerissen. Große Geröllsteine und Baumstämme bleiben liegen und prägen das Bild des Naturstrandes. Am Klippenfuß kann mit interessanten Fossilien und spannenden Funden gerechnet werden". |
|||
Eine nächste Infotafel befasst sich mit dem Thema der vielen Steine - die so reichlich den Strand bedecken, dass beim Strandwandern jeder Schritt achtsam getan werden muss. | ||
"Gesteinsarten am Strand Die Steine, die man am Fördestrand findet, stammen nicht aus der geologischen Geschichte Schleswig-Holsteins. Sie kommen aus den Gebirgsschichten Skandinaviens und sind durch Gletschergeschiebe und Schmelzwasser in unsere Gegend befördert worden. Besonders an den Abbruchkanten der Steilküsten kann man erkennen, dass sich Steine in den Bodenschichten befinden und im Laufe der Jahrtausende herausgewaschen wurden. Dieses Strandgeröll wurde dann durch Wellenschlag und Meeresströmungen bearbeitet, zum Teil zu Sand vermahlen und zum Teil bildeten sich, je nach Festigkeit, abgerundete Formen. Bei vielen Steinen, die dort liegen, kann man genau den Herkunftsort in Skandinavien angeben. Die leuchtend roten Steine jedoch stammen nicht aus grauer Vorzeit, sondern sind Reste von Ziegelsteinen, die als Ausschuss von den vielen Ziegeleien an der Förde stammen. Viele Gesteine, wie Granite, Gneise oder Gabbro, kommen jedoch aus dem Erdinneren. Sie fallen besonders durch ihre glitzernden Kristalle ins Auge. Vielfach findet man aber auch Sedimentgesteine, die sich am Grunde des Meeres bildeten. Ein häufig zu findendes Gestein ist auch der Feuerstein, aus dem die Steinmenschen ihre Werk-zeuge herstellten. Der Feuerstein entstand vor allem aus Kieselalgen am Grunde des Kreidemeeres. Die Gletscher schleppten das Kreidegestein mit den Feuersteinen von Südschweden in die norddeutsche Tiefebene und damit auch an den Strand der Ostsee. Die Gesteinsmassen Skandinaviens können auch Fossilien enthalten, die man ebenfalls am Fördestrand findet. Donnerkeile, Seeigel und Korallen sind die häufigsten Funde. Viele Urlauber bringen schon kleine Fossilien-sammlungen mit nach Hause." |
||
Unter den vielen - durchaus auch größeren -
Steinen am Strand fällt ein im Wasser liegender Findling besonders auf,
denn er trägt eine weiß gezeichnete Botschaft. Er ist ein
Erinnerungsstein an einen hier im Jahre 1911 gestrandeten
Finnwal - das war damals ein aufsehenerregendes Ereignis.
Die dritte der
Infotafeln am Strand beschreibt die Sensation.
Übrigens - bei dem Stein handelt es sich um einen klein- und gleichkörnigen, roten Granit, dem Typ nach sehr wahrscheinlich aus der südschwedischen Landschaft Småland stammend. Bei Niedrigwasser kann man ihm, mit Gummistiefeln, nahe kommen. |
Aber man kann überhaupt hier, wie an vielen Ostseestränden,
interessante Steine mit schönen Gefügen finden. Neben den
zahlreichen Feuersteinen in den erstaunlichsten Ausformungen
stoßen wir meist auch auf zahlreiche Granite aus dem südschwedischen
Småland. Diese Region
ist ein ausgedehntes Granitgebiet und hat viele Varianten
ausgebildet - und sie ist uns (vergleichsweise) sehr
naheliegend. Einige zwischen Westerholz und Dollerupholz gefundene Beispiele von Strandsteinen unterschiedlicher Herkunft und Genese: |
Nach dem Sturmhochwassser 2023 sehen wir eindrucksvoll andere, weniger freundliche - aber aufschlussreiche Bilder entlang des Strandes. |
Die bunte Vielfalt an Strandsteinen ist immer etwas, das zum - staunenden oder forschenden - Hinschauen einlädt. Wieder ein paar Beispiele - zum Kennenlernen: | ||||
Die weniger phantasievolle Erklärung weist darauf hin, dass solche strandnah im Flachwasser der Förde liegenden großen Steine Relikte des Kliffrückganges sind. Denn auch sie wurden einstmals mit dem Eis vom Norden hierher transportiert und lagen nach dem Niedertauen des Eises für einige Jahrtausende im Geschiebemergel eingepackt - bis das steigende Meer sie frei spülte und sie da niedersanken, wo sie jetzt noch liegen. Fließendes Gletschereis kann solche tonnenschweren Gewichte über weite Entfernungen verlagern, Wasser kann das nicht. Vor wie langer Zeit das Steilufer sich dort befunden hat, wo der Stein heute liegt, ist allerdings schwer zu sagen. | |||
Dramatisch anders ist auch in diesem Abschnitt die Situation nach dem 20. Oktober 2023. | |||
III Von Mühlendamm nach Neukirchen | ||
Bei Mühlendamm öffnet sich eine breite Niederung zur Förde. Das
zur Beweidung genutzte Wiesental wird durch einen Damm vor der
Flutung durch die See geschützt. Zweifellos war das Tal
ursprünglich von einem frei fließenden
Bachlauf durchströmt, der das Wasser aus dem landeinwärts
liegenden Waldgebiet Horstkoppel sammelte. Dieser Wald, heute zu
den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten gehörig, war früher Jagdwald
der Glücksburger Herzöge. Am Schlossgraben des dort gelegenen
Jagdschlosses Friedrichsthal gab es eine Wassermühle.
Ob damit der Name "Mühlendamm" erklärt ist - oder ob
es bachabwärts eine weitere Mühle gegeben hatte (?). Heute wird der Bachlauf als schmaler Graben geführt und sein Wasser per Drainagerohr durch den Damm in die Ostsee geleitet. Die Wiese ist frei von Nasszonen voll zur Beweidung nutzbar. Ein kleiner Parkplatz nahe der Straße und rund 150 m zum Strand (durch das Gelände eines Anwesens) ermöglichen einen einfachen Zugang zu diesem Küstenabschnitt. https://www.ferienlandostsee.de/die-region/unsere-straende/muehlendamm.html |
||
Blick vom abwärts führenden Weg in die Niederung | Der mit Steinen verstärkte und mit niedrigen Bäumen bewachsene Damm |
Über den Damm führt ein von Wanderern gern genutzter Weg. |
Auch hier gab es wieder neue Steine - sehr unterschiedlicher Genese, Herkunft und Altersstellung zu sehen: |
IV Von Neukirchen zur Bucht von Habernis | |||
Der beschauliche Ort Neukirchen hat eine
ungewöhnlich-interessante Entstehungsgeschichte -
hier ausführlich nachzulesen:
https://www.steinbergkirche.de/gemeinde-infos/unsere-doerfer/neukirchen.
Zwei Bauwerke stehen noch als Zeugen einstmals hoffnungsvoller Initiativen. Das ist einerseits die hübsche geweißte Backsteinkirche etwas westlich des Ortes, geweiht 1622. Sie wurde vom Glücksburger Herzog Johann d. J. im Kontext seiner Absicht erbaut, mit dem Ort "Nieby" (neue Stadt) eine eigene Seehandelsstadt neu entstehen zu lassen - als Gegenüber seiner dänischen Besitzungen auf Kegnaes und in Konkurrenz zu Flensburg. Daraus wurde nichts - aber die Kirche wurde errichtet (zeitgleich mit einer entsprechenden Kirche auf Kegnaes) und tut bis heute ihren Dienst. Inzwi-schen steht sie allerdings nicht mehr weit von der Kliffkante, ein Sorgenpunkt. Gleichwohl - die See wird sogar immer wieder in das Kirchenleben mit einbezogen, zum Beispiel bei Taufen mit Fördewasser. |
|||
Die Neukirchener Kirche, einschiffig, mit Balkendecke und kleinem Chor | Eine Wächtereiche am Treppenabgang | Das kirchnahe Fördeufer, eine mit Buhnen zusätzlich geschützte Flachwasserzone | |
Der zweite Zeuge - aus nicht so alter Zeit - ist das Ständerwerk der einst weit in die Förde führenden Seebrücke. Sie stammt aus den 70er Jahren des 20. Jh. und diente etwa 20 Jahre lang als Anleger für die beliebten "Butterfahrten" über die Förde nach Sonderborg. Auch in ihr drückte sich das Bestreben aus, einen "Brückenschlag" über die Förde zur dänischen Seite zu vollziehen (Bild rechts: der Blick über die Förde zum dänischen Sonderborg). Mit dem Ende der zollfreien Fahrten verlor sie ihre Funktion. | |||
Und auch hier hat das Sturmhochwasser Spuren hinterlassen... | ||
Literatur: Gripp K. 1954: Die Entstehung der Landschaft Ostschleswigs vom Dänischen Wohld bis Alsen. Meyniana 2, 1954 Köster R. 1958: Die Küsten der Flensburger Förde. Ein Beispiel für Morphologie und Entwicklung einer Bucht. Schr. Nat. Ver. Bd. 29, 1. Kiel 1958 Stoltz, Chr.: Gravitative Massenbewegungen an der Flensburger Förde: Eine Bestandsaufnahme zu Ausmaß und Potential. |
|
zur Übersicht Die Flensburger Förde |