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Landschaft - Im Ostseeraum  -  Die Flensburger Förde

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1  Steilufer bei Wahrberg  -  2  Höftland bei Bockholmwik  - 3  Tal der Langballigau
 
 
Die Flensburger Förde zeigt in ihrem Küstenverlauf einen recht konstant wiederkehrenden Wechsel zwischen Steilufern und  Flachküsten  - vor allem auf ihrer südlichen, deutschen Seite. Besonders augenfällig, in der Tat exemplarisch ausgebildet sind diese beiden konträren und doch durchaus zusammenhängen-den Landschaftsformen in dem Küstenbereich zwischen Bockholm und Westerholz.
Die Steilufer sind die Abbruchkanten der höheren Moränen-lagen, die sich mit der Flutung des postglazial zunächst noch landfesten südwestlichen Ostseeraumes (ca. 7000 - 5000 v. Chr.) auszubilden begannen   -  und die seitdem unter lokal unterschiedlich starken, insgesamt aber stetigen Landverlus-ten rückwärts wandern.
In das Moränenland eingeschnitten haben sich Erosionstäler, die zu Beginn kräftig strömendes und entsprechend stark erodierendes Schmelzwasser, heute deutlich bescheidenere Mengen an Niederschlagswasser dem Fördental zuführen.
Vor diesen Talniederungen sind Flachküsten ausgebildet. Sie werden durch das angeschwemmte und abgelagerte Sediment  - sowohl von der Talseite als auch vom Meer her, von den benachbarten Steilufern stammend  - bereichert und weiter aufgebaut, sodass hier Höftländer entstehen.  
       
 
1  Das Steilufer bei Wahrberg
Das bis 30 m hohe Moränenkliff zwischen Bockholm und dem Gehöft Wahrberg schneidet eine küstenparallele Seitenmoräne des Fördegletschers an1. Wie an anderen Steilufern der Flensburger Förde bewirken auch hier Schichten aus wasserundurchlässigem Eem-Ton (Cyprinenton) erhebliche Hangbewegungen. Tatsächlich ereignen sich in diesem Kliff bei Wahrberger die "größten und ausgedehntesten Rutschungen an der ganzen schleswig-holsteinischen Ostseeküste"1.
Bei einem Gang entlang des Kliff-Fußes ist zu sehen, dass es hier keine offenen Kliffabbrüche wie gewöhnlich an aktiven Steilufern gibt, sondern dass dieser Moränenkomplex in seinem Inneren instabil ist. Er ist weitgehend mit einem urwaldartigen Hangmischwald bewachsen, der von den zahlreichen Rutschungen kleinerer und größerer Schollen stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Schräghängende und darniederliegende Bäume im Hang und am Strand sowie aufgerissene Erdpakete zeigen, dass die Gleitprozesse andauern.
Ein Vergleich der Beobachtungen in den vergangenen ca.15 Jahren weist derzeit auf ein Zunehmen der Rutschungen hin.
 
 Ausschnitt aus der
  Infotafel
 
Eine Kletterpartie "über Stock und Stein":
An den Zugangsmöglichkeiten im Süden und Norden des Kliffs stehen Infotafeln, die auf den Kontext zwischen Höftland und Steilufer hinweisen  -  desgleichen ein Schild, das deutlich macht, dass das Betreten dieses Naturraumes auf eigene Gefahr erfolgt.
Der Gang beginnt (von Süden her) harmlos, an einem badefreundlichen Sandstrand, der am frühen Morgen noch menschenleer ist. Doch bald ist das Ende des offenen Strandes erreicht  - und das Klettern über niedergestürzte Bäume beginnt.
 
Es ist nicht leicht, die Wirrnis der Rutschungen im Bild einzufangen. Da begibt man sich besser selber an Ort und Stelle, um sich einen Eindruck von den unruhigen Bodenverhältnissen zu verschaffen.
 
Zahlreiche Quellaustritte gibt es  - entweder strandnah in Form von kleinen Rinnsalen oder höher im Hang, sodass sie Nassstellen entstehen lassen oder kleine Eintalungen ausbilden. Am Strand zeigen sich die Quellaustritte oftmals stark eisenhaltig.
 
Eine für den Standort typische Vegetation hat sich entwickelt: Kleine Streifen von Erlen-Eschen-Quellwald entlang des Kliff-Fußes, desgleichen feuchte Standorte liebende Pflanzen wie Riesenschachtelhalm, Wasserdost, Spieß-Melde, natürlich auch das an Stränden häufige Gänsefingerkraut und  - auf frisch abgerutschten Erdpaketen   -  der Huflattich, um nur die bekannteren zu nennen.
Risenschachtelhalm Wasserdost Spieß-Melde Gänsefingerkraut Huflattich
 
Anders als der Pflanzenfreund ist der Steinliebhaber bevorzugt im Winter unterwegs. Dann ist der Strand weitgehend vegetationsfrei und oft reingewaschen. Häufig sind tertiäre Sedimentgesteine anzutreffen, ansonsten aber die an den Ostseeküsten gewohnte Vielfalt unter-schiedlichster Gesteinsarten.
Die Bilder von 2008 und 2011 belegen: kaum niedergestürzte Bäume damals! Das Kliff ist seitdem instabiler geworden.
     
 
Im Nordteil des Kliffs lässt eine beweidete Wiese auf dem Hang etwas vom Bodenrelief erkennen. Dort ist der Untergrund im Vergleich zum steilen Südteil wesentlich ruhiger, jedoch weisen die Bodenwellen und Einsenkungen auch hier auf Gleitbewegungen hin.  
 
Wenn man für den Rückweg den (sehr viel gemächlicheren) Weg unter Bäumen entlang der oberen Kliffkante wählt, stößt man wiederholt auf alte und neue Ausbisse im Hang, unmittelbar am Wanderweg beginnend. Es ist absehbar, dass der derzeitige Wegverlauf nicht mehr lange Bestand haben wird. Ebenso dürften die Tage von manch einer alten Buche gezählt sein, die an einer Abbruchkante steht.
Angesichts der am Weg teilweise lotrecht abfallenden Ausbrüche wird man erinnert an die Beschreibung von R. Köster, 1958: "Die Schollen bewegen sich an Abschiebungsflächen, die oben steil beginnen und dann, allmählich flacher werdend, gegen den Strand einfallen. Der größte Anstieg der Bewegungsfläche liegt im strandferneren Teil."
   
 
Ein beinahe unwirklich wirkendes Kontrastprogramm zu diesen starken Natureindrücken am Steilufer stellt die Optik des Golf-platzes dar, der im Hinterland des Kliffs große Flächenareale einnimmt. 
Ein kleiner Fleck Blühwiese am Rand: ein kleines Almosen für die aus der Fläche verdrängte Insektenwelt.
 
 
 
Der Abstieg zur Bucht gewährt uns den freien Blick auf das nächste Ziel: Das Höftland bei Bockholmwik.
Und dort, vom Höftland, können wir zurücksehen auf das bewaldete Wahrberger Steilufer (am linken Bildrand der Campingplatz Bockholmwik).
 
 
 
       
Literatur:
Gripp K. 1954: Die Entstehung der Landschaft Ostschleswigs vom Dänischen Wohld bis Alsen. Meyniana 2, 1954
1 Köster R. 1958: Die Küsten der Flensburger Förde. Ein Beispiel für Morphologie und Entwicklung einer Bucht.
  Schr. Nat. Ver. Bd. 29, 1. Kiel 1958
 
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