Berichte - Reisen
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Die Landschaft Thy in Nordjütland - Bilder junger und jüngster Erdgeschichte | |
Lodbjerg, aktives glaziales Kliff | das fossile Littorina-Kliff, bei Vigsø | Küstendünenkliff, Norre Vorupør | Infocenter Thy |
die Vangså bei Klitmøller | Flugsandablagerungen im Kliffprofil | ein weit gereister Stein | Dünenheide, bei Stenbjerg |
Dünenwälder, Hvidbjerg Klitplantage | Hundborgstenen | Hügelgräber, Udby Hede | Udby Hede |
An wenigen Orten erscheinen Gesteine an
der Erdoberfläche, die älter sind als die glazialen Ablagerungen. Bei diesen älteren Gesteinen handelt
es sich um Schreibkreide (obere Kreide) und Bryozoenkalk
(frühes Tertiär). Lokal wurden diese älteren Schichten
durch die Salztektonik aus der Tiefe gehoben und mehr oder
weniger exponiert - siehe z. B.
Mønsted und
Bulbjerg Klint.
Im Untergrund zwischen Hanstholm, Thisted und Klitmøller befindet sich ein umfangreiches Salzkissen, die Thisted-Struktur. Sie führte zur Aufwölbung des langgestreckten Rückens zwischen Hanstholm und Hjardemål und ermöglicht damit einige "Fenster" in die älteren Schichten (späte Kreide und frühes Tertiär). Geländeaufschlüsse zwischen Hanstholm und Hjardemål dokumentieren den Übergang von der Kreide zum Tertiär. |
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Die Strände von Hanstholm, Klitmøller und Vigsö sind reich an Kalkgeröllen, ein klares Zeugnis des Kalkuntergrundes. Auch Fossilien-Sammler können fündig werden. | ||||
Aphrocallistes |
Nicht nur das Salz - auch die Schubkraft und Massebewegungen des Landeises bewirkten lokal das Exponieren präglazialer (tertiärer) Böden an die Oberfläche. Kleinere und größere Erdschollen wurden mitgeschleppt, aufgeschoben, steil gestellt oder sogar überkippt verlagert. An Steilküsten des Limfjords (div. Moler-Aufschlüsse aus dem Eozän) und der Nordsee (miozäner Glimmerton, Lodbjerg) zeigen sich beispielhafte, schöne Profile. | |
Abgesehen von den extremen Klimaverhältnissen
während der großen Vereisungen gab es im Verlauf der
Erdgeschichte fortwährend - minimale bis gravierende
- Klimaveränderungen, die sich stets auch auf die
Küstenverläufe auswirkten. Die Begegnungszone zwischen Landmasse
und dem steigenden oder fallenden Meeresspiegel war und ist
permanenter Dynamik ausgesetzt. Nordjütland war dem nacheiszeitlichen Wechselspiel zwischen isostatischer Landhebung und dem aus dem Abschmelzen des Eises resultierenden Meeresspiegelanstieg in besonderer Weise ausgesetzt. |
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Zwei Faktoren gelten als Ursache für das rapide
Ansteigen des Meeresspiegels um 4500 v. Chr.: Der klimabedingte
Zerfall des nordamerikanisch-kanadischen Eisschildes und ein
ebenfalls durch die spontan einsetzende Erwärmung bewirkter
starker Schmelzwasserzustrom aus der Antarktis. |
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Dieser - nach einer ihn im Ostseeraum
charakterisierenden Muschelart als
Littorina-Transgression
benannte - Meeresspiegelanstieg führte mit einer
bis zu 18 m höheren Meereshöhe (als zuvor) zu einem förmlichen
"Ertrinken" weiter Küstengebiete im norddänischen Raum (und
seiner Inseln) und verwandelte entsprechend höher gelegene Gebiete
(wie Hanstholm und Bulbjerg) in
Inseln. Viele der damals bereits bestehenden jungsteinzeitlichen
Siedlungen wurden geflutet. Der dänische Name für das
Littorina-Meer - "stenalderhavet" -
deutet darauf. Eine Reihe von "fossilen Kliffs"
belegt als prägnantes Landschaftselement die damaligen
Küstenverläufe - es sind die alten, heute bewachsenen
Restformen der einstigen Steilufer, sie liegen oftmals einige
Kilometer fern der heutigen Küste. Denn die postglaziale Landhebung hat Nordjütland wieder aus den Fluten gehoben. |
Die Meer-Land-Verteilung während der Littorina-Transgression | ||
Vereinfachte Skizze der
Littorina-Transgression im gesamt-dänischen Raum. |
Graphik und beigefügter Text aus
https://naturenidanmark.lex.dk/Farvandenes_dannelse Abb. 2.8 "Dänemark vom Littorina-Meer umgeben in der Zeit von ca. 7000 bis 4000 Jahren BP. Die Kurven zeigen, um wie viele Meter Land und Meeresboden seitdem angestiegen sind, z. B. 4 m am roten Punkt am Mariager Fjord." (*¹) |
Die
Küstenlinien der Landschaft Thy während der
maximalen Littorina-Transgression (fossilie Kliff-Verläufe)
und heute. (Die Graphik wurde neu erstellt gemäß einer Darstellung im Museum Thisted.) |
Das fossile Kliff bei Vigsø, ca. 6 km von der heutigen Küste entfernt. |
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Im Zuge der Landhebung fielen neue Strandflächen entlang Dänemarks Westküste
trocken. Sie wurden zu einer
Quelle einer Jahrhunderte währenden Plage und Sorge -
des Sandfluges. Der stete, oft stürmische Wind
trieb den offenen Strandsand bis weit ins Innere des Küstenlandes,
sehr verstärkt während der "kleinen Eiszeit" (16.- 18. Jh.). Nicht
nur landwirtschaftliche Flächen, auch Siedlungen fielen dem
wandernden Sand zum Opfer. 1816 begannen die ersten Versuche,
durch Anpflanzungen den Sandflug aufzuhalten. Das konnte im
Nationalpark Thy nach und nach gelingen (anders als bei den
großen Wanderdünen in Norddänemark, Råbjerg Mile und Rubjerg).
Klitplantagen und Küstenheiden bedecken heute die einst offen
liegenden Flugsanddünen von Thy. In den Klitplantagen wurden in erster Linie Bergkiefern und Eichen eingesetzt, um eine solide Bewaldung zu bekommen. Heute kann sich der Wanderer in vielen dieser Anpflanzungen über eine malerisch abwechslungsreiche Vegetation freuen - Heidekraut, Rentiermoos, Strandgras... auf weißem Sand unter lichtem Wald. |
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Weite Flächen von Thy sind von offenen, nicht bewaldeten Heiden, oft in Form von Dünenheiden bedeckt. Da es in ihnen auch Feuchtstellen, Moore und Seen gibt, ist die Natur vielgestaltig. Weitere Infos z. B. unter https://de.nationalparkthy.dk/erlebe-den-nationalpark/das-solltest-du-auch-sehen/tvorup-klitplantage |
Bei Vangså münden unweit voneinander zwei kleine Wasserläufe ins Meer. Der nördliche zeigt das Phänomen deutlicher als der südliche, er führt das Wasser aus dem landwirtschaftlich genutzten, trocken gelegten Nassgebiet ab. | |||
Die südliche Vangså Å | Die
nördliche
Vangså Å. Sie verteilt ihr
ockerreiches Wasser weitflächig auf dem Strand ... bis das Meerwasser klärend darüber spült (Bilder unten Mitte). |
Bei Norre Vorupør beeindruckt das hohe Küstendünenkliff durch sein ausgeprägt wellenförmiges Relief. Das entsteht dadurch, dass die Dünen/Dünentäler über viele Kilometer parallel, aber quer zum Strand ausgebildet sind und so im Kliff in all ihren Querschnitten angeschnitten sind (siehe Luft- oder Satelittenaufnahmen, z. B. google earth). Dadurch erscheinen sie, so weit der Blick reicht, als lange Abfolge von Wellenbergen aus Sand. Aus der Nähe zeigt das vom Wind geschaffene Relief ihren inneren Aufbau. | ||
Im Unterschied zu diesen äolischen Bildungen in den Flugsanddünen zeigt sich an anderen Lokalitäten, z. B. am Strand bei Klitmøller, die marine Ablagerung in Form von ungestört, eben gelagerten Feinkiesschichten. Entsprechend ist der Strand vor diesen Aufschlüssen meist reich an kleinen Geröllen. | ||||
Die Strandgerölle in Nordjütland sind zu einem großen Teil Glazialgeschiebe aus Norwegen, wie dieser Nordmarkit. |
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Das Nationalparkzentrum Thy in Norre Vorupør vermittelt in sehr ansprechender Weise reiche Informationen zur Küstenlandschaft von Thy, zu ihrer Entstehung, ihrer Ökologie und ihrer Bedeutung für den Menschen. Ein großes veranschaulichendes Landschaftsrelief, begleitendes Audio-Angebot, Stationen zum Mitmachen... ein Besuch lohnt sich. | ||||
Das Gleiche gilt für das Museum in Thisted: Neben hilfreichen Informationen zu den geologischen Gegebenheiten gibt es eine sehenswerte Abteilung zur Vor-und Frühgeschichte - und mehr zur Lokalgeschichte. | ||||
Links: (*) https://de.nationalparkthy.dk/erlebe-den-nationalpark/das-solltest-du-auch-sehen/boegsted-rende (*¹) aus: Naturen i Danmark – Havet, Gyldendal, 2006 (Grafik bearbeitet nach K. Aaris-Sørensen, 1988). Wiedergabe mit freundlicher Erlaubnis des Autors. |